Wanderung durch die Weinberge
#Frühlingsanfang # Weinberge #Wanderung #Weinerlebnisweg #Stationen
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Es ist Frühlingsanfang, der 20.03.2025, und wir nehmen an einer Wanderung durch die Weinberge teil. Im Info-Blättchen, der Zwiebel, stoßen wir auf folgende einladende Anzeige:
„Am Donnerstag, 20. März führt Weingärtner Adolf Bayer eine gemütliche Wanderung durch die Esslinger Weinberge und erklärt Wissenswertes über den Weinbau. Treffpunkt um 15:00 Uhr an der Frauenkirche Esslingen. Schlusseinkehr mit kleiner Weinprobe im Weingut Bayer in Rüdern. Die Wanderung beträgt ca. 4,5 km bei 140 m Anstieg. Dauer ca. 1,5 Stunden. Rückfahrt mit dem 109er Bus möglich.“
Da möchten wir gerne daran teilnehmen und notieren uns den Termin in unserem Kalender.
Zur Beschreibung unserer Erlebnisse: Wir geben uns größte Mühe, alles im Detail wiederzugeben, was uns aufgrund der Vielzahl an Informationen im Laufe des Tages nicht leicht fällt. Des weiteren hoffen wir auch, dass es auch fachlich richtig von uns wiedergegeben wird.
Bei strahlendem Sonnenschein ist der Treffpunkt vor der Frauenkirche eine wahre Wonne. Ein kleines Grüppchen von Menschen tun sich hier zusammen und es werden sich im späteren Verlauf noch weitere Interessierte hinzugesellen. Wir starten pünktlich um 15:00 Uhr, obwohl einige der Teilnehmer, wie auch wir, vorab mit dem Ausfall der Linienbusse zu kämpfen hatten.
Gemeinsam beginnen wir mit dem Aufstieg durch die Weinberge.
Dank moderner Technik der Handys, gehen wir optisch zurück in die Vergangenheit. ツ
Überall auf dem Weinerlebnisweg gibt es Infotafeln.
Dieses Steingebilde hat für Ahnungslose erstmal keine Bedeutung, jedoch ergibt sich der Sinn und Zweck durch die Hinweise. Es handelt sich um eine Gruhbank, das ist schon sehr interessant. Die aufgestellten hohen Bänke dienten früher, zum Abstützen von Kopf- und Rückentraglasten, um „gruhen“ = ausruhen zu können.
Aufgrund diverser Umstände geben viele Wengerter ihre Parzellen auf, was dazu führt, dass diese verwildern. Da diese meist an bewirtschaften Flurstücken liegen, müssen die Wengerter hier besonders darauf achten, dass von diesen verwahrlosten Rebstöcken keine Krankheiten (z.B. Pilze) auf ihre Pflanzen übertragen werden. Leider bedeutet dies meist ein höheres Einbringen von Schutzmitteln.
Wie man unschwer erahnen kann, ist der Weinbau an diesen Terrassen-Steilhängen mit sehr viel Aufwand verbunden, da fast alles in Handarbeit erfolgen muss. Da der Nachwuchs ausbleibt, ist dies auch ein Grund, warum viele aufgeben. Im Alter ist diese körperlich anstrengende Arbeit nicht mehr zu bewältigen.
Damit diese aus dem 12. Jahrhundert stammenden traditionsreichen Anbaugebiete erhalten bleiben, wurde der Staffelsteiger-Verein Esslingen gegründet. Deren Ziel ist es, diese faszinierende und einmalige Kulturlandschaft zu erhalten und der Öffentlichkeit die Bedeutung der Terrassenweinberge näher bringen. Dies wird zum Glück auch finaziell gefördert.
Esslingen lebte früher vom Weinbau und der Wein wurde ins In- und Ausland geliefert. Er wurde in Esslinger Eimern abgefüllt, was einem Inhalt von 300 Litern Rebensaft entspricht. Es gab 3 Kelter in der Region in denen die Trauben ausgepresst wurden. Es ist so interessant, was wir auf dieser Wanderung alles erfahren.
Die Steine für die Terrassen wurden vor langer Zeit in Handarbeit erschaffen, jedoch nagt an denen der Zahn der Zeit und es bedarf dringender Investitionen und tatkräftiger Unterstützung, dass diese nicht verfallen und einstürzen.
Von hier oben haben wir einen schönen Blick auf die Stadt, wo die unterschiedlichen Epochen sichtbar werden. Zum einen die wunderschöne Altstadt und dann die moderne Weststadt mit angrenzender Industrie.
An unserer ersten Verköstigungsstation dürfen wir einen Pinotin genießen. Aufgrund der Klimaänderung reagieren auch die Wengerter auf die geplatzten Rebsorten. Neben den traditionellen Sorten, kommen immer wieder neue hinzu, wie dieser trockenen sehr geschmackvollen Rotwein. Trotzdem werden altbekannte Weine, wie z.B. der Trollinger weiter angebaut, wenn auch in geringerem Umfang.
Weinberghäuser dienten zur Aufbewahrung von Handwerkszeug zur Bewirtschaftung des Weinberges.
Wir erfahren viel über die verschiedenen Techniken des Weinanbaus und der Gefahren, bzw. Pflege. Ein ungeliebter Gast der Winzer sind Rehe, die die Triebe abfressen, allerdings zeigt dies auch vom Guten Geschmack der Tiere ツ
Dann gibt es den Pilzbefall, welcher durch Besprühen mit Kupfer und Schwefel eingedämmt werden soll. Hierzu nutzt man am Anfang, wo noch nicht so viele Blätter vorhanden sind, mittlerweile Drohnen. Das geht mit GPS vollautomatisch. Je dichter das Blattwerk ist, können die Reben damit aber nicht mehr erreicht werden und es Bedarf der manuellen Ausbringung.
Dann gibt es noch diverse Schädlinge, welche mit Sexualpheromonen bekämpft werden. Hierzu werden kleine Plastikbehälter aufgehangen, mit dessen Inhaltsstoffen die männlichen Insekten verwirrt werden und damit die Vermehrung der Art erschwert wird, so dass die Anzahl der Schädlinge abnimmt.
Natürlich gehört auch der Wuchs der Wiese dazu, da diese kurz gehalten werden muss. Hier gibt es auch verschiedene Möglichkeiten. Unkrautvernichtungsmittel, Rasentrimmer oder abflämmen, da ist die Frage was schlimmer ist. Beim Rasentrimmer wird Mikroplastik in den Boden eingearbeitet, beim Unkrautmittel Chemie und beim Abflämmen kann die Rebe zerstört werden. Also ist alles nicht perfekt, aber der Wengerter muss halt was tun, um ausreichenden Ertrag zu erhalten.
Hier wird uns etwas über die Bindetechniken erzählt und wann man erkennt, dass der Austrieb kurz bevorsteht.
Wenn aus der Schnittfläche Wasser austritt, man nennt es „Bluten„, steht der Rebstock unter Saft.
Dann treiben die „Augen“ aus, welche zuerst noch mit einem Wollpropfen vor Kälte geschützt werden.
Daraus wachsen dann die Reben und je nach Anbindetechnik gibt es mehr Ertrag (bis zu 120 Kg pro Ar) oder bessere Qualität (60 – 80 kg). Daher sagt auch unser Wengerter:
„Lieber weniger ist manchmal mehr“ Adolf Bayer
Hier sehen wir dann, dass die Ruten waagegerecht (Flachbogen) angebunden werden und aus den Augen die Triebe dann nach oben wachsen. Daran gedeihen dann die Weintrauben. Dies sorgt für weniger Ertrag, aber für bessere Qualität. Die Äste dürfen nicht zu lang sein, denn die Kraft muss in die Reben gelangen.
Zu sehen ist hier die Rundbogen-Anbauweise, welche für einen höheren Ertrag sorgt, aber für mindere Qualität.
Mittlerweile wurde die waagerechte Variante entsprechend angepasst, indem das Anbinden weiter oben erfolgt: Flachbogen. Das ist unter anderem für die Weinlese einfacher, da man sich nicht mehr so bücken muss. ツ
Was wir bei fast allen Rebstöcken gesehen haben ist, dass diese Triebe mit kleinen Ästen an den Draht gebunden wurden. Eine ganz ökologische Variante.
Wir freuen uns auf den nächsten Halt und dürfen hier einen Sauvignon Blanc genießen.
Hier wird uns etwas zum Hagelschutz erklärt. Der Hagel kann ganze Ernten zerstören, was für Wengerter ein finanzielles Dilemma bedeutet.
Eine neue Technik sind solche Schutznetze, welche dann über die Rebstöcke ausgerollt werden. Diese schützen vor Hagelkörnern und bieten den Austrieben einen Halt. Allerdings ist dies eine ganz kostspielige Angelegenheit und aus Umweltschutzgründen, da aus Plastik, auch keine perfekte Alternative.
Die Winzerfamilie Bayer geht mit der Zeit und dem Klima und passt ihre Rebsorten entsprechend an. Es gibt einen Mix aus Tradition und neuen Weinen. Die Getränke- und Preisliste bietet für jeden Weinliebhaber eine passende Sorte an. Qualität und Handwerk hat seinen Preis, daher gibt es hier keinen „Billigwein“. Wenn man aber diesen ganzen Aufwand erkennt, der für einen guten Wein betrieben werden muss, dann sollte jeder Genießer bereit sein, die Arbeit zu belohnen. Und auch sich selbst, denn schon Shakespeare stellte in Othello fest:
„Wein erfreut nicht nur des Menschen Herz, Wein erhält uns gesund, verlängert das Leben.“ Shakespeare
Ankunft:
Weingut Bayer
Uhlbacher Str. 86
73733 Esslingen am Neckar
Homepage: weingut-bayer-esslingen.de
Der Empfang im Toskanagärtle.
„Herzlich Willkommen bei Ihrem Weingut Bayer
Eine Winzerfamilie, die Ihnen bei einem Viertele vermittelt, dass Sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Ein Weingut mit Atmosphäre und unverwechselbarem Charme. Beim Gesang der Amseln, dem schweifenden Blick in die Ferne und der Wärme der Sonne wird Ihr Aufenthalt zu einem einmaligen Erlebnis. Wenn Urlaub und Wohlfühlen mit einer Auszeichnung belohnt werden sollte, dann muss es Weingut Bayer sein!“
Ein „Besen“ der besonderer Art
„In diesem ehemaligen Wohnhaus (Wengerterhaus) haben Sie das Gefühl, endlich zu Hause angekommen zu sein. Lassen Sie den Trubel des Alltags bei einem Glas Wein hinter sich und erleben Sie das gesellige Zusammensein unter Fremden und Freunden. Unser mit Liebe zubereiteter Vesperteller lässt keine Wünsche offen.“ -Familie Bayer-
„Der Geist des Weines wird von jedem verschieden gelebt und erfahren.“
„Ein glückliches Leben ist eine Sammlung glücklicher Momente.“
Die letzte Unterrichtung erfahren wir im Weinkeller, wo der Wein seine Vollendung findet, bevor er bei entsprechender Reife abgefüllt und den Weinfreunden den Gaumen kitzeln darf. ツ
Zum Schluss kehren wir ins Toskanagärtle ein und dürfen auf Kosten des Hausen noch einen Weißburgunder verköstigen. Manche Mitwanderer stärken sich mit leckeren Speisen, wir genießen lieber noch einen Rebsaft und lassen diesen Nachmittag mit schönen Gesprächen ausklingen.
„Weil das Leben schön ist“
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Fazit: Wir können wirklich jedem empfehlen, an dieser Wanderung teilzunehmen. Der Einblick in die Arbeit eines Wengerter zeigt den Aufwand der betrieben werden muss, um edle Tropen zu erzeugen.
Dieser Beitrag zeigt nur einen kleinen Einblick der ausführlichen Weinwanderung, zumal wir auch nicht alles schreiben können was wir erfahren haben, es waren einfach zu viele Informationen. Aber es soll Euch anregen die Arbeit und den betriebenen Aufwand der Wengerter anzuerkennen und den Preis qualitativer Weine zu respektieren.
Wir hoffen und wünschen uns, dass dieser wunderbarer Beruf noch lange Bestand hat und sich der Nachwuchs dafür öffnet, denn ohne fachlich qualifizierte Wengerter wird dieses genussvolle Lebenselixier aussterben.
Danke an unseren Wengerter Adolf Bayer für dieses wunderbare Erlebnis.
Euer Jens und Niki ✿